Menu
Menü
X

Geschichte – aktuell

NH
Kirchengemeinde Nordhofen
Ev. Kirche Mogendorf

Für die Woche vom 04. bis 08.11.2024 (09.11. Tag der Reichspogromnacht 1938) wird in der ev. Kirche in Mogendorf ein Vortrags- und Gesprächsprogramm geplant. Angeboten werden soll u.a. ein Vortrag über die Geschichte des Gebäudes als Synagoge, Erläuterungen zu den biblischen Geschichten, die auf den Kirchenfenstern thematisiert sind. Ergänzt werden die Veranstaltungen durch musikalische Umrahmung. In der Woche vom 11. Bis 15.11.2024 sind noch Vorträge „Einführung in das Judentum“ vorgesehen. Das endgültige Programm werden wir rechtzeitig hier einstellen.

 

Diese Kirche wurde auch gewählt, da das Gebäude bis 1938 als ehemalige Synagoge der jüdischen Gemeinde Mogendorf genutzt wurde, bevor sie im Innenraum durch SA-Mitglieder zerstört wurde.

Hier nun einige Informationen zur Geschichte des Gebäudes:

Erste Hinweis auf eine jüdische Gemeinde in Mogendorf finden wir bereits 1696, wie Zahlungslisten über gezahltes Judenschutzgeld an die Grafschaft Wied belegen.

Die jüdische Gemeinde hatte um 1843 rd. 115 (Höchststand) Gemeindemitglieder, wozu noch Juden aus den mitbetreuten Gemeinden Quirnbach (5), sowie einige wenige aus Helferskirchen und Vielbach zu zählen sind. Um den Gläubigen einen Versammlungsort und Gelegenheit für Gebete zu schaffen, wurde 1844 eine Synagoge in der Fuhrgasse geplant und gebaut. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten und deren Politik ab 1933 verminderte sich die Zahl der Juden rapide und betrug zuletzt (1933) nurmehr 24 Gläubige.

Die Ereignisse der sog. Reichspogromnach am 09. November 1938 verschonten auch nicht die jüdische Gemeinde in Mogendorf. Durch einen glücklichen Umstand oder auch Zufall entging das Synagogengebäude der Brandstiftung. Allerdings verwüsteten SA – Männer

Den Innenraum und zerstörten Einrichtungsgegenstände, sodass die Synagoge als Gebetsort nicht mehr nutzbar war. Das nun nicht mehr genutzte Gebäude wurde 1952 von der ev. Kirchengemeinde gekauft und als evangelische Kirche hergerichtet. Seit dieser Zeit finden hier, i.d.R. samstags, neben der Kirche in Nordhofen, Gottesdienste statt.

2023 wurde an der Kirche eine Erinnerungstafel angebracht.

 

Fortsetzung: 

Die Ereignisse am 09./10.November 1938:

Am 09. November 1938 wurde im Reichsrundfunk eine Rede des „Reichsführer SS“, Heinrich Himmler übertragen. Aus diesem Anlass traf sich ein „Sturm“ SS-Männer in einer Gaststätte in Erbach / Bad Marienberg, um gemeinschaftlich die Rede anzuhören. Zum Ende der Übertragung wurde der Führer des Sturms, ein Hauptsturmführer (HptStFhr) der SS (vergl. Hauptmann), vom Wirt ans Telefon gerufen. Der HptStFhr erhielt von seiner vorgesetzten Dienstelle die Nachricht, dass in Paris, der Legationsrat und Botschaftssekretär Ernst Eduard vom Rath, nach einem Attentat am 07. November 1938, am 09. November 1938 seinen Verletzungen erlegen ist. Das Attentat hatte der der Jude Herschel Gryszpan verübt, nachdem er unter dem Vorwand, wichtige Papier dem Sekretär abgeben zu müssen, in der Deutschen Botschaft in Paris vorgesprochen hatte. Gryszpan feuerte fünf Schüsse auf von Rath ab. Trotz einer Notoperation überlebte von Rath den Angriff nicht. Gryszpan handelte aus Rache, für die für die Deportation unter unmenschlichen Verhältnissen seiner Eltern und Geschwister in das östliche Polen.  Später wurde jedoch vermutet (wofür es Anhaltspunkte gab), dass von Rath und Grynszpan in der homosexuellen Szene von Paris verstrickt waren und u.U. dort das Motiv zu suchen ist. Jedenfalls verlief die strafrechtliche Verfolgung letztendlich im Sande und das Verfahren wurde eingestellt, um diesen evtl. wahren Grund zu verschleiern. Das weiter Schicksal des Attentäters ist nicht bekannt.

Das nationalsozialistische Regime, vertreten durch den Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda, Joseph Göbbels, nutzte jedoch das Geschehen als Vorwand, reichsweit als Rache für den Mord schon lange beabsichtigte Pogrome gegen Juden in Deutschland auszulösen. So wurden noch am gleichen Tage Befehle bis in die Ortsgliederungen der NSDAP, die SA und SS – Gruppierungen veranlasst, um u.a. Synagogen in Brand zu setzen und „das Volk“ zu Übergriffen auf Eigentum, Leib und Leben der Juden aufzustacheln.

Der HptStFhr instruierte seine Männer darüber, dass er Befehl habe die Synagoge in Mogendorf in Brand zu setzen, wofür ihm 50 Liter Benzin zugesagt wurde. Am 10. 11.sammelte der Führer des Sturms von Montabaur kommen einige SS-Männer ein, denen jedoch befohlen war in Zivilkleidung zu erscheinen. Mit verhängten Nummernschildern fuhren zwei Fahrzeuge nach Mogendorf und sammelten sich an der Synagoge. In einem Nachbarhaus beschafften sich die SS-Leute zunächst eine Axt, womit danach in der Synagoge Fenster zerschlagen, sowie Inneneirichtung zerstört und verwüstet wurde. Der Führer des Sturms gab Befehl, die Trümmer zu sammeln und in der Synagoge anzuzünden um das Gebäude damit in Brand zu setzen. Allerdings konnte ein Beteiligter das Vorhaben verhindern, indem er zu bedenken gab, dass umliegende Häuser durch den Brand mit zerstört werden könnten.

Nach dieser Aktion entferne sich das SS-Kommando. Für den nächsten Tag, den 10.11. wurde weitere Aktionen gegen jüdische Einwohner von Mogendorf geplant. Die weiteren Ereignisse werden in der nächsten Fortsetzung geschildert.

 

BS / 21.07.2024

 

top